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Lichtsignal-Steuerung: Wer hat’s erfunden?

Lichtsignal-Steuerung: Wer hat’s erfunden?

Das sind Zitate aus einer Sendung des Schweizer Fernsehens, die vor kurzem in «Schweiz Aktuell» zu vorabendlicher Sendezeit ausgestrahlt worden ist.

Diese Aussagen werfen einige Fragen auf. Es werden implizit Vergleiche mit dem Steuerverfahren vs | plus gemacht, ohne die Rahmenbedingungen für das gegenübergestellte Verfahren anzugleichen. Oder ist es richtig, eine nie mit dem neusten Update von vs | plus versehene Anlage mit einer Steuerung zu vergleichen, die andere Eingangsparameter zur Verfügung hat und andere Anforderungen erfüllen muss? Aber alles der Reihe nach.

Was in Luzern gezeigt wird

Die Zitate über die Versuche mit einer «Selbst-Steuerung» in Luzern beschreiben eine Art der Verkehrsregelung, wie sie in der Schweiz Standard ist. Es mag sein, dass der Algorithmus der Selbst-Steuerung Fähigkeiten besitzt, die neuartig sind. Deswegen jedoch gleich die oben dargestellten Aussagen zu verbreiten, erachten wir als tendenziös.

Welcher Algorithmus entscheidet heute nicht jede Sekunde, was geschaltet werden soll? Da kann sich auch vs | plus nicht brüsten, vor über 30 Jahren Erfinder gewesen zu sein. Verkehrsabhängige Steuerverfahren wie z.B. vs | plus gab es schon lange vor der nun als bahnbrechend dargestellten Selbst-Steuerung.

Zum Vergleich der Steuerungsverfahren, wie er in Luzern an der Tribschenstrasse präsentiert und von der ETH Zürich kommentiert wurde, muss folgendes festgehalten werden. Die vs | plus Steuerung wurde vor 12 Jahren implementiert, und von Seiten der Stadt kam das Bedürfnis nie auf, die Steuerung zu überarbeiten. Damals war die Vorgabe der Stadt, dass diese Lichtsignalanlage als Pförtneranlage mit Dosierfunktion konzipiert werden muss. Die längeren Rotzeiten waren vom Auftraggeber als Eingriff in die verkehrsoptimierte Steuerung von vs | plus gewollt. Beim aktuellen Versuch mit der Selbst-Steuerung musste die Anlage, um genügend Informationen zu erhalten, mit zusätzlichen Detektoren ausgerüstet werden, und die Pförtner-Aufgabe wurde vorerst über Bord geworfen. Der Vergleich zwischen Vorher und Nachher, für welchen die ETH einen lobenden Bericht verfasst hat, vergleicht gar nicht die gleichen Ausgangslagen und Aufgaben; er konnte mit der gewählten Auswertungsmethode nur zu Gunsten der Selbst-Steuerung ausfallen.

Im Gegensatz zur Aussage im Beitrag des Schweizer Fernsehens müssen Algorithmen für «komplexe, weiträumige Verkehrsführungen» nicht neu erfunden werden, und dass der Bahnhofplatz von Luzern als «Schwarze Piste» bezeichnet wird, an die man sich mit der Selbst-Steuerung langsam herantasten muss, ehrt uns, denn vs | plus regelt den komplexen Bahnhofplatz Luzern schon seit mehr als 30 Jahren, und das erst noch verkehrsabhängig und nicht als sture Phasenfolge.

Was bis 2016 in Dresden geschah

Auch in Dresden hat man Versuche mit der Selbst-Steuerung durchgeführt. Die Feststellungen nach den Versuchen waren dort ähnlich wie in Luzern:
«Bisher waren die öffentlichen Verkehrsmittel die Leidtragenden, da sie auf die Grüne Welle der Autofahrer Rücksicht nehmen mussten. Ziel ist es daher gewesen, Busse und Trams zu priorisieren. In der Simulation ist das gelungen. Im Vergleich zum bisherigen System reduzierte sich die Wartezeit [… um dramatisch hohe Prozentzahlen für ÖV, IV und Fussgänger].»

Nicht erwähnt wurde auch hier, dass die bestehende Referenz-Regelung im Gegensatz zur computersimulierten Selbst-Steuerung strikte Einschränkungen für den Öffentlichen Verkehr zu berücksichtigen hatte.

In der deutschen Zeitschrift «Strassenverkehrstechnik» wurde dann auch 2016 von einem richtigen Versuch mit zwei Kreuzungen beim Flughafen Dresden berichtet. Wie auch jetzt in Luzern, wurden dafür der Selbst-Steuerung Freiheiten gegeben, welche die alte Steuerung nicht hatte, und auch neue Detektoren durften dort platziert werden, wo sie am nützlichsten waren. So konnten die Resultate aus der Simulation in einem erneut unfairen Vergleich bestätigt werden.

Der Standpunkt der vs | verkehrssysteme ag

Sowohl in Dresden als auch jetzt in Luzern wurde der bestehenden Regelung keine Chance gegeben, den Vergleich mit den für die Selbst-Steuerung gewählten neuen Randbedingungen und Detektionsmitteln anzutreten. Und trotzdem sind die Resultate als Erfolg bezeichnet worden. Dass dieser Umstand nach wie vor unerwähnt bleibt, und im Fall Luzern keinen Eingang in den Bericht der ETH fand, erachten wir für die Aussagekraft bezüglich der Güte und Stabilität eines Algorithmus als problematisch.

Als vs | verkehrssysteme ag sind wir seit der Gründung an Innovationen interessiert und scheuen keine Vergleiche. Ebenso wichtig ist uns ein fairer Wettbewerb. Wir hätten kein Problem, die tatsächlichen Stärken der Selbst-Steuerung anzuerkennen und ganz im Sinne der «rotgeplagten» Verkehrsteilnehmer einen gegenseitigen Lernprozess einzuleiten. Wenn man jedoch einen Vergleich erstellt, muss dieser zwingend auf vergleichbaren Randbedingungen und Anforderungen basieren, ansonsten die Resultate nicht gegenübergestellt werden dürfen. Diese Objektivität vermissen wir aber in den Darstellungen der Selbst-Steuerung sowohl in Dresden als auch in Luzern.

Quellen

Die Zitate entstammen der Sendung des Schweizer Fernsehens SRF, der Homepage von Herrn Lämmer sowie einem auf dem Internet einsehbaren Artikel von Swissinfo aus dem Jahr 2011.

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